Baiona: Sturm, Einsichten und Action


Eigentlich wollte ich mehr oder weniger gelangweilt von unserem Aufenthalt in Baiona berichten. Nach dem Motto: Endlich sind die Stürme durchgezogen. Endlich kann es wieder weitergehen. Endlich nach Portugal in den vermeidlich wärmeren Süden. Unendlich langweilig. Das Wort endlich gehört verboten.

Denn nun reicht es mit dem rumjammern. Natürlich könnte es „endlich“ wärmer, oder sonniger sein, der Wind besser fürs Segeln oder mehr Leute in unserem Alter unterwegs sein. Aber jetzt mal ernsthaft. Unser größtes Problem ist, dass wir nicht aus der Koje hochkommen und das mit Freude. Nichts passt uns mal besser in den Kram, als im Liegen zu frühstücken, liegen zu bleiben, im Liegen Serien zu gucken und uns dabei den Bauch voll zu schlagen. Dabei ist die schwierigste Frage des Tages, was wir denn essen. Vor lauter Köstlichkeiten, der Bordküche, ist die Qual der Wahl das schlimmste. Die anspruchsvollste Aufgabe ist es, an immer neuen Orten, die spektakulären Natur- und Kulturphänomene zu finden und passend zu fotografieren. Schlimmer noch: Wir müssen uns Tag täglich frei entscheiden, worauf wir gerade Lust haben und können genau das tun…


Die pure Freiheit an Land wie auf See ist uns wohl zu Kopfe gestiegen. Einen Tag lagen wir in der Koje und haben festgestellt: Wir haben es schon verdammt gut. Wir erfüllen uns einen Traum, unseren Traum, auf den wir Monate hingearbeitet haben. Nur fällt es uns noch schwer zu realisieren, dass wir dieses Abenteuer schon längst leben. Seit zwei Monaten sind wir nun schon unterwegs, doch immer noch wachen wir auf und denken, wir müssten zur Arbeit… Komisch, da ist man mal wirklich frei, nur den Einflüssen des Wetters und der See ausgesetzt und doch können wir nur langsam loslassen. Stück für Stück verschwindet der Alltag. Wir lassen Pflichten, Arbeit und Stress im Kielwasser zurück. Wann wird der Punkt, der völligen Akzeptanz des hier und jetzt da sein? Mal sehen.

So nun mal zu unseren eigentlichen Erlebnissen: Von den Cies Inseln ging es nach Baiona. Das ist eine kleine Stadt Südspaniens und sollte unsere Absprungsort nach Porto(Portugal) werden. Geplant waren eins, zwei Tage Pause, doch das Wetter änderte sich jeden Tag und zwar zum schlechten.. Ein Tief nach dem anderen brachten uns viel Südwind und jede Menge Regen. Dann kam auch noch Wirbelsturm(Lesley) in die Nähe… 

Gestört hat uns der viele Wind wenig. Der Anker rutschte kein Stück und gratis war das auch noch. Trotzdem konnten wir die schlechten Sanitäranlagen des Sporthafens heimlich mit nutzen. Der ganze Hafen war ein wenig merkwürdig: Der Sporthafen mit seinen provisorischen Duschcontainern soll teurer sein, als der Yachthafen. Dieser scheint mehr wie eine geschlossene Gesellschaft und Diesel kostet inzwischen mehr als Benzin(1,40€) und sieht aus wie Orangensaft. 

Egal, die Promenade entlang ging es zur örtlichen Festung und einmal auf der Mauer drum herum. Auch durch die Stadt schlenderten wir ein bisschen, aber wie immer landeten wir nur beim Supermarkt. Sowieso hatte augenscheinlich immer alles zu. Die Siesta begann wohl immer, wenn wir grade vom Boot kamen und hörte auf, wenn wir wieder an Bord waren.. Da blieb uns nichts anderes übrig als, ordentlich einzukaufen und es uns gut gehen zu lassen während es draußen regnete. Gerne schauten wir von unserem Ankerplatz dem Lichterspiel an Land mit Strand und Burg zu.

Nun wollten wir eigentlich weiter, doch verbrachten wir noch zwei Tage wartend, bis wir dann entschieden, bei Flaute nach Porto zu motoren, weil einfach kein vernünftiger Wind in Aussicht war und wir bald auf Madeira verabredet sind. Wir wollten Abends, nach leckeren Burgern, schon den Anker lichten um früh morgens(04.00 localtime) sofort ablegen zu können um dann Abends im Hellen Porto zu erreichen. Und dabei kam es schließlich(nicht endlich!) zu Action.


Der Anker ging nicht hoch. Wir haben ja schon keine Ankerwinsch und Vale zerrt den 16 Kg Pflugscharanker plus 45 Meter Kette(8mm) immer fleißig an Deck. Nur diesmal gelang das nicht mal zu zweit. Wir sahen eine Menge Kraut an den letzten Metern und eine Stange knapp unter der Oberfläche. Also begannen wir einen Haufen Schrott aus dem Wasser zu ziehen und immer wieder von der Ankerkette zu lösen. An Deck gehieft sah das Ding aus wie ein fester Seezaun, oder Heckkorb inklusive Fender und Unmengen an Bewuchs. Immerhin ließ sich der Anker jetzt problemlos bergen und wir konnten anlegen.
Nun hat sich für uns ein ganz neues Bild von unruhigem Hafen ergeben. Festmacher knarzten, Boote bewegten sich ohne Ende, überall sah man kaputte Ruckdämpfer und geplatzte Fender. Wir hievten das gefundene Teil aufn Steg und entfernten all die Seesterne, Babykrebse und Würmer, die sich ans Deck klammerten. Jetzt sollte es aber schnell in die Koje gehen um am nächsten Morgen ausgeruht zu starten. 

!Hasta la próxima España!


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