Die Vorbereitungen für den großen Törn über den Atlantik

Es soll losgehen. Nach 3 1/2 Monaten auf Tour sind wir nun bereit für den großen Sprung. Die lange Passage über den Atlantik.  Unser bislang längster Törn. Erst circa sieben Tage zu den Kap Verden, die wir uns einfach nicht entgehen lassen wollen und dann rund 20 Tage über den „Teich“ wo wir uns dann über die Karibik hermachen. Doch wie bereitet man sich nun auf solch ein Abenteuer vor? 

Lange habe wir uns belesen und mit anderen Langfahrtseglern geschnackt. Fazit: Es gibt kein Patentrezept. Aber natürlich kamen wir zu einer Liste, an Sachen, die wir für wichtig empfunden haben. Wir schenken folgenden Kategorieren erhöhte Aufmerksamkeit.


Das RIGG wird bei uns regelmäßig kontrolliert und auch vor jeder größeren Fahrt. Dass der Mast stehen bleibt, ist nun mal essenziell zum Segeln. Also wird regelmäßig jemand in den Mast gezogen, der Stück für Stück jeden Bolzen und Splint kontrolliert und gegebenen Falls erneut abklebt oder mit einem Kabelbinder sichert. Dann wird nach eventuellen Materialermüdungen geschaut. Also Risse, Kerben und Abschürfungen, gerade an beweglichen Teilen. Und wenn man schonmal da Oben ist, dann kann man gleich auch noch mal alles, was einem unter die Finger kommt fetten. Ganz besonders inspizieren wir immer wieder die Wanten. Erst jüngst war ein Kanel einer Unterhalte gebrochen. Das würde zwar noch eine Zeit halten, aber wir wechseln lieber eine Want, als das irgendwann später den ganzen Mast.


Der RUMPF, muss natürlich noch dicht sein. Aber wenn man schon mal in so warmen Gewässern, wie um die Kanaren ist, kann man auch mal ein wenig tauchen gehen.  Denn in Deutschland ist jetzt die Saison vorbei und die Zeit der Bootsarbeit geht wieder los. Also hält das Antifouling noch? Ist das Boot sehr bewachsen? Muscheln und andere unerwünschte Mitfahrer würden den Törn ja nur unnötig verlängern. Auch Ruder, Schraube und Rumpf-Kiel-Verbindung werden genau begutachtet. Bei uns konnten wir zum Glück nichts, als ein bisschen Schleim am Rumpf finden.

Das DECK, bzw. All der Kram an Bord wird ebenfalls einer Sichtung unterzogen. Zuallererst die Windsteueranlage. Die Filigrane Mechanik, die uns so viel Arbeit beim Steuern abnimmt, will gepflegt werden. Hier gehen wir eigentlich wie bei allen beweglichen Teilen an Deck vor. Zuerst wird kontrolliert, ob noch alles hält, dann wird gesichert und abschließend ordentlich gefettet, wobei wir Kleinteile lieber Ölen, damit sie später nicht von hartem Fett blockiert werden. Schließlich gucken wir noch, ob Kanister, Rettungsinsel und das Dinghi gut festgezurrt sind und ob sonnst irgendwas lose rumhängt. 

Den MOTOR kontrollieren wir auch immer wieder, jedoch nicht „vor Antritt jeder fahrt“.. Gecheckt werden Ölstand, Wasserfilter und Wasserabscheider. Auch ein Blick in den Tank kann nicht schaden, bevor der Mist der Bakterien die Filter oder schlimmer die Düsen verstopft. Eigentlich beugen wir dem ja mit Zusätzen vor, aber man kann ja nie wissen. Dann sorgen wir auch dafür, dass der Motor immer sauber ist, damit man eventuelle Lecks schnell erkennt und zurückverfolgen kann. Sonnst achten wir einfach auf den Klang unserer zuverlässigen kleinen Maschine, die uns immer brummend mitteilt: Alles ist gut, ich mach das.

Die SEGEL kontrolliert man natürlich beim Segeln selbst automatisch, aber auch jedesmal beim einpacken werfen wir einen prüfenden Blick auf das Tuch und die Nähte. Notfalls muss halt verstärkt, geflickt oder nachgenäht werden. Grundsätzlich fahren wir auf den langen Törns aber sowieso altes, dickes Tuch. Nicht zu vergessen sind natürlich die Spibäume zum ausbaumen und ein Check aller wichtiger Leinen, Fallen, Schoten.. Sind sie abgenutzt, durch geschuppert oder spröde? Meistens reicht es, sie ein Stück weiter durch zu  ziehen, damit von nun an eine andere Stelle belastet wird. Die Dynemakerne halten für gewöhnlich noch! Voraussetzung ist natürlich genug Leine über zu haben. 

Wenn das Boot soweit ist, und die Abfahrt näher rückt geht es an die VERPROVIANTIERUNG. Zuerst stocken wir immer wieder unseren „ewig haltbaren“ Grundsatz  mit kiloweise Pasta, Reis, Mehl und Haferflocken auf. In großen, wasserdichten Dosen verstaut, spart das eine Menge Müll auf See und würde uns notfalls Monate versorgen. Dazu kommen dann noch einige Dosen mit Fertiggerichten, aber auch ein paar nur mit Gemüse oder Fleisch als Inhalt. Natürlich lesbar beschriftet und von Etiketten befreit und gewaschen.  Dann kaufen wir noch jede Menge Snacks zum Knabbern und bergeweise Obst und Gemüse, bis unser Boot, innen, einem Urwald gleicht. Die kleine Kühlbox wird vollgestopft mit diversen Käsesorten und Aufstrich. Wir sollten versorgt sein. 


Schließlich gilt immer noch ein Blick dem Wetter. Nun gibt es da, bei der Atlantiküberquerung nach Westen  meistens nur den Passat zu beobachten. Na dann ist ja alles bestens. Jetzt gilt es nur noch los zukommen, abzulegen und die Freiheit zu genießen. Aber das wird unsere erste Atlantiküberquerung und wir werden sehen, was sich bewährt und was nicht.


Nun denken wir, die beste Vorbereitung war der Weg hier her zu den Kanaren. Über hundert Tage, an denen wir die Erfahrungen sammeln konnten, die wir brauchen werden. Wir haben gelernt zu zweit auf engstem Raum miteinander klar zu kommen und auch an Bord zu kochen, zu schlafen & zu leben. Und wir haben unser Boot kennengelernt. Wir wissen, wie unsere Andiamo tickt, wann ein Segelwechsel ansteht, und merken oder eher hören und spüren sofort, wenn etwas schiefläuft. Wir haben keine Jahre voller Erfahrungen im Blauwassersegeln, aber wir kennen uns und unser Boot in und auswendig. Wir fühlen uns vorbereitet. Wir wollen los. Das zählt. Also !Andiamo!




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