Nordatlantik, 200 Meilen westlich von Afrika: Eine ganz normale Adventszeit, auf hoher See.
Zwei Männer. Sie hocken in ihrer dunklen Kajüte und müssen schmunzeln. Jeder ein Teelicht in der Hand. Die echten Kerzen waren der segenden Sonne zu Opfer gefallen. In der Hand damit sie nicht beim dem ungleichmäßigen Schaukeln der See umkippten. So starren sie auf die kleinen Flammen, die sich in ihren Augen und dem Schweiß auf der Stirn spiegeln. Das Flackern geht in sie über und sie fallen in schallendes Gelächter. Sie feierten den zweiten Advent, über 200 Meilen von jeglicher Zivilisation entfernt. Der nächste Zipfel Land, wäre die Saharawüste, dessen Staub immer wieder das Boot einhüllte es in einen rostrot färbt. Dazu gibt es einen unförmigen Hefezopf. Woher sollen sie auch wissen, wie man flechtet? Es schmeckt trotzdem und sie genießen, diesen Antlitz von Advent. Eine Weihnachtszeit, die so ganz anders ist, als sie es gewohnt sind. Anders, nicht schlechter. Nikolaus hatten sie vergessen. Wie auch? Seit langem tragen sie keine Schuhe mehr. Aber auf die Orangen in dem Stiefel hätten sie sich gefreut. So viel mehr, als über die Schokolade, die ihnen zwischen den Fingern wegschmolz. Die Teelichter in ihren Händen wurden heiß. Fluchend pusten die beiden Männer sie aus. Der Moment der Weihnachtlichkeit ist vorüber. Einer geht zurück ans Steuer, der andere spielt noch gedankenverloren mit dem heißem Wachs und die große Fahrt geht wie gewohnt weiter.
Kurzerhand entschlossen wir uns, dieses Mal nicht den ersten Tag Seeträge zu werden und das gelang tatsächlich. Warum? Keine Ahnung, aber es ging uns die ganze Zeit prächtig. Die ersten beiden Tage hatten wir mit ordentlich Halbwind zu tun. Das war eine recht spritzige Angelegenheit, sodass wir viel Zeit in Ölzeug oder drinnen verbracht haben. Die gute Laune, die die See einfach mit sich bringt konnte uns so nicht verdorben werden.
Auch wenn die Norddünung sich mit der Ostwelle aufschaukelte hatten wir wenig Welle und mit ein wenig räumlicherem Wind lies es sich dann sehr bequem Segeln. Wir gerieten auch nicht in Flauten, auch wenn der Wind stetig unstätig war. So arbeiteten wir viel mit den Segeln. Für die langen Schläge haben wir jetzt eine alte Genua aus dickem Tuch hochgezogen. Die konnte man sogar reffen. Das kannten wir vorher nicht und freuten uns über den neuen Schnickschnack. So hätten wir es fast geschafft mit nur einem Vorsegel an Deck anzukommen. Doch eine Nacht animierten uns Blitze und düstere Wolken schon mal die Sturmsegel anzuschlagen. Im Endeffekt wichen wir jedem Malheur aus. Aber Lieber ein Mal mehr auf Nummer sicher gehen, als ein Mal zu wenig.
Unterwegs lasen wir viel. Einerseits Bücher vom Grabbeltisch auf den Kanaren, andererseits unsere „Weihnachtsgeschenke“: Die packenden Bücher von Wilfried Erdmann, die uns immer wieder zum schmunzeln anregen. So an die hundert Seiten am Tag lesen wir etwa. Denn es gilt sich ja auch noch mit unserem Hauptthema auseinander zu setzten. Was essen wir heute? Jeden Tag stellt mir Lennart diese Frage zwei Mal, wenn ich ihm nicht mit einem Vorschlag zuvorkomme. Und so muss man sich immer und immer wieder neue Gerichte überlegen, obwohl man ja noch das gleiche mit sich rumfährt, wie die Tage zuvor.. Ein zuweilen anstrengendes Thema, aber da wir auf See praktisch jeden zweiten Tag Lust auf Pasta haben ist das gar nicht so schwierig. Es gilt für die Kombüse das gleiche Motto, wie für alles auf See: Es möglichst einfach halten. Nur experimentiere ich so gerne..
800 Meilen auf klarem, und vor allem warmen tiefblauem Wasser haben wir zurückgelegt. Ständig Sonne und die Sicht wird nur durch Wüstensand getrübt. Das war ein Traum und wir spielten mit dem Gedanken einfach ein wenig den Kurs zu ändern und uns gleich auf den Weg in die Karibik zu machen. So sehr waren wir in unserem Element. Doch es reizte uns auch noch die Inseln der Kap Verde vor Afrika mit zu nehmen. Man fährt, um den Passatwind gut abzubekommen, eh einen Schlenker in die Richtung und wann haben wir schon das nächste Mal die Möglichkeit zu einem Abstecher hier her? Mal sehen was das Land so zu bieten hat und wie lange es uns hier hält.