Sao Vincente, Kap Verde: Chill mal, es ist Cabo Verde
Vorwort: Wir sind jetzt nicht mehr in Europa und vieles ist anders. Wir werden von unseren Erfahrungen berichten, möchten aber hervorheben, dass anders nicht schlechter heißt. Wir probieren möglichst unvoreingenommen an neue Kulturen heran zu gehen und viel zu erleben. Doch wir erlauben uns kein Urteil sondern teilen lediglich unsere Eindrücke. Wir möchten darum bitten, daraus nicht voreilig Schlüsse zu ziehen und zu verallgemeinern. Wir bekennen uns ausdrücklich gegen jeden Art von Diskriminierung, insbesondere gegen Rassismus, Sexismus und abschätziges Verhalten gegenüber weniger privilegierten Menschen!
Bei mir hatte sich ein Gefühl eingeschlichen: Am liebsten hätte ich Hals über Kopf abgelegt. Ich wollte los und zwar schnell. Zurück auf See. Weg von der Zivilisation, ab in die Freiheit. Einfach Segeln, am besten sofort und möglichst weit! Andererseits wollte ich immer alle neue Kulturen kennenlernen, mit den Menschen schnacken und möglichst viel vom Land sehen. Das stand nun im Konflikt. Wir wussten vor lauter schönen Möglichkeiten gar nicht mehr, was wir machen sollen. Wir hatten eine CHILL-LIFE-CRISIS! Das klingt lächerlich, war aber so. Ich war vor lauter Gedanken-Macherei richtig mürrisch. Es kam sogar die Idee auf, nach Hause zu fliegen und dort über Weihnachten eine Pause zu machen.
Diesen Plan haben wir schnell wieder verworfen, denn er erfüllte keins unserer beiden Ziele. Weder zu Segeln, noch Kap Verde zu besichtigen. Also was machen wir? Genau, erstmal chillen. Wir gingen an das Problem heran, wie wir es bei den niemals endenden Aufgaben in der Vorbereitungszeit gemacht haben: Erstmals rissen wir eine kalte Hülse(Pils) auf und schnell war uns wieder klar, wie gut es uns doch geht. Und dann entschieden wir, einfach, wie immer, in den Tag hineinzuleben und alles auf uns zukommen zu lassen. Wir recherchierten noch eine Weile, was es hier denn so zu sehen gibt und waren wieder ganz gelassen und mussten über uns selbst lachen.
Es wurde Freitag Abend und wir wollten das Nachtleben erkunden. Eigentlich, waren wir auf der Suche nach einer Bar mit traditioneller Livemusik. Allerdings landeten wir in einem Club. Der sah aus, wie ein Farmhaus. Jedenfalls war die Front gänzlich offen. Also war der zweite Stock, wo die Tanzfläche war wie ein großer überdachter Balkon. Das war schon ziemlich schick. Dazu gab es viel zu laute Musik. Erst sehr elektronisch und ab und an mal was, was wir kannten, doch tanzten die Einheimischen ziemlich verrückt, zumindest jedoch sehr überschwänglich. Wie üblich waren wir ein wenig unfähig uns diese coolen Moves anzueignen. Doch das störte unsere neuen „Amigos“ wenig. Mit englischen, spanischen und französischen Brocken, aber mehr mit Händen und Füßen schnackten wir mit den Einheimischen. Gerade die Jungs fanden uns wohl cool. Und sie sorgten immer dafür, dass man ein Bier in der Hand hatte. Wir haben es leider nie geschafft ihnen was auszugeben. Sie wollten auch Partout kein Geld, also blieb uns nur, mit ihnen gesellig zu sein. Später dann wurde die Musik traditioneller und auf einmal waren Paartänze angesagt. Nur wurde ständig getauscht und jeder tanzte mit jedem. Die Zeit verging schnell im Rhythmus Afrikas und längst war es Morgens, sodass wir den nächsten Tag verschliefen. Aber das hatte sich gelohnt. Wir haben nur nette Menschen kennengelernt und waren beeindruckt von ihrer Hilfsbereitschaft und Geselligkeit. Auch hier war alles chillig.
Nach dem „verlorenen“ Tag wollten wir nun aber endlich mal was von der Insel sehen. Also suchten wir uns ein Alguero. Das ist wie ein Taxi, aber es sind meistens Pick Ups. Die Idee ist eigentlich, dass man weniger zahlt, aber dafür bereit ist, Leute auf dem Weg auch noch mit zu nehmen. Wir fanden die Idee jedenfalls ziemlich lustig uns mit den Einheimischen auf die Ladefläche zu klemmen. Doch im Endeffekt waren wir erleichtert drin sitzen zu können, da wir bei den Straßen selbst auf der Rückbank umherflogen. Anschnallen scheint nicht angebracht auf den Kap Verden, aber bei jedem Einsteigen haben wir vergebens danach gesucht. Zum Glück fuhren wir meistens sehr langsam, weil noch längst nicht alle Kopfsteinpflasterstraßen dem Asphalt gewichen sind. Interessant waren auch immer wieder die „Umleitungen“ Wenn an einem Teil der Straße gebaut wurde, dann fuhr man halt nebenan weiter.
Weiter ging es von Ort zu Ort. Unser Fahrer konnte kein englisch und telefonierte ständig, während der selbsternannte Guide uns immer mal wieder was erzählte, wenn er gerade was wusste. Das war mal ne Abwechslung vom üblichen Tourismus. Was einem auffällt? Das die Städte bunt sind. Häuser werden in allen Farben gestrichen und die Einwohner laufen auch sehr farbenfroh herum. Das sind die schönen Stellen. Dazwischen stehen immer wieder Ruinen oder nicht fertig gewordene Rohbauten. Uns wurde erklärt, dass man zumeist, seine Häuser selber baut und alle dabei helfen. Gerade wurde um die Ecke eine Fertigstellung gefeiert. Es wurde für alle Helfer gekocht, gelacht und auf der Straße spielten die Kinder. Es gibt sehr viele Kinder und generell junge Menschen hier. Ich finde das sorgt für eine unschuldige und glückliche Atmosphäre.
Auch die Strände sind bezaubernd. Feinster Sand zwischen den Füßen und jede Menge Korallenteilchen und Muscheln, die ich noch nie gesehen habe gab es. Dazu kommt, dass es praktisch keine Touristen gibt und das Wasser 23°C hat. Mit der Atlantikwelle kann man dann noch seinen Spaß haben, es gibt aber auch ruhige Buchten und Stellen zum schnorcheln.
Dann wurde uns ein Lokal empfohlen. Als wir dort bestellten, fragten wir unserer beiden Locals, ob sie auch was bestellen würden. Die sahen das wohl als Einladung und hauten so richtig rein. Bei uns haute das ins Budget rein, aber es war sehr interessant. Ich habe noch nie jemand einen Fisch so essen sehen. Es wurde einfach Stück für Stück gegessen und die Gräten wieder ausgespuckt. Soweit so gut. Als ich dachte wir sind fertig, ging es aber erst so richtig los. Es wurden vom Kopf nicht nur die Bäckchen gegessen, sondern eigentlich alles. Augen, Mund(Mit scharfen Zähnen, einfach alles wurde in den Mund gesteckt und was sich nicht kauen lies ausgespuckt. Wir waren jedenfalls beeindruckt und das nahmen sie lächelnd zu Kenntnis: Der Kopf sei das Beste. Gut, dass Lennart und ich Fleisch hatten, sonnst wäre das eventuell peinlich geworden..
Kap Verde, das grüne Kap.. Von Sao Vincente konnten wir das nicht bestätigen. Aber uns wurde die Nachbarinsel empfohlen. Einen Tag verschliefen wir allerdings die Fähren, die nur um sieben und acht Uhr morgens starten. Eine unmenschliche Zeit für uns Fahrtensegler. Auch auf den Märkten muss man immer sehr früh sein, obwohl es ja eigentlich ein so entspanntes Land ist. Beim zweiten Versuch schafften wir es also, die Fähre noch zu bekommen um ein Tagesausflug nach Santo Antao.
Schon die Überfahrt war sehr interessant. Gleich nach dem Ablegen wurden lauter Plastiktüten verteilt. Und wir dachten uns so. „Toll, gratis Müll.“ Anschließend vergruben Reihenweise locals ihren Kopf in den Händen. In kauernden Haltungen blieben sie die gesamte Überfahrt und langsam wurde uns und den anderen Yachties klar: Sie sind Seekrank. Wenn sie so leiden und trotzdem die Überfahrt machen, muss es wohl sehr schön da drüben sein.
Wir fragten nach einem besonders grünem Ort zum Wandern und verließen die Fähre. Eine Traube von Taxifahrern und Tourguides umzingelte sofort die ganzen Neuankömmlinge. Wir wurden sie erstaunlich gut los, als wir ihnen unseren Preis nannten. Taxifahren ist nämlich zehn mal teurer als alles andere. Schließlich landeten wir bei einem Collectiv. Das war ein umgebauter Minivan, wo sich so viele Leute wie möglich reinrutschen konnten. Bezahlt wurde nicht für den Sitz, sondern pro Kopf.. Unterwegs hielten wir immer wieder an diversen Läden an um diese nebenbei noch zu beliefern. Das war eine sehr lustige Fahrt, bis wir irgendwo im nirgendwo rausgelassen wurden.
Dort liefen wir mit einem Bild von einer Wanderkarte los und verliefen uns prompt. Um wieder zurück auf den richtigen Weg zu kommen wollten wir abkürzen und der richtigen Himmelsrichtung nach ein paar Waldwege nehmen. Nur mussten wir so einen hunderte Meter tiefen und steilen Vulkankrater absteigen. Durch Kamillefelder rutschend und kletternd ging es es also bergab. Abrupt endete der Spaß als es auf einmal nur noch senkrecht runter ging. Wir mussten umkehren und den ganzen weg wieder bergauf klettern. Völlig verschwitzt und über und über mit Staub bedeckt zogen wir uns Nadeln und Sternchen aus den Schuhen und traten den Rückweg an. Das war ein riesen Spaß und die Bewegung tat gut vor 20 Tagen setzten und liegen auf dem Atlantik.
Erneut am Ausgangspunkt entschieden wir uns für einen anderen Weg und wanderten dort noch ein wenig durch die Wolken. Grün ist auch diese Insel übrigens erst ab einer bestimmten Höhe. Das mit der Baumgrenze ist hier nämlich umgekehrt. Erst so weit oben, wo es kühler und feuchter ist wachsen und gedeihen größere Pflanzen. Das ist ziemlich schick nur meistens steht man in einer Wolke. Nach dem Tag hatten wir uns jedenfalls eine ordentliche Portion Catchupa mit Ei verdient. Das ist hier ein traditionelles Gericht, hauptsächlich aus Bohnen. Das schmeckte erstklassig, fast wie Bratkartoffeln nur interessanter.
Wir freuen uns auch, dass über unseren Schenkungslink ein paar Geschenke eingegangen sind. Vielen Dank und eine frohe Weihnachtszeit.