Dominica: Die Perle der Karibik

Dominica wurde uns ans Herz gelegt und ist uns ans Herz gewachsen. Denn diese Insel hatte so einiges zu bieten. Zusammen mit Conrad, unserem Kumpel aus Deutschland segelten wir über den Tag gemütlich nach Rousseau. Lennart & Conrad sind beide Melges24 Steuermänner, also wurde während des Törns viel gefachsimpelt. Auch wenn sie mit dem Segelverhalten von Andiamo sehr zufrieden waren so ist es eben kein Sportschiff. Naja, eigentlich ja doch, aber eben vor 50 Jahren. Da muss man die Pinne mal mehr als ein paar Millimeter bewegen und hat auch ein bisschen Ruderdruck. Wir waren, wie es Segler nunmal sind jedenfalls vollkommen glücklich auf dem Wasser und danach eingehüllt in eine dicke Schicht Salz. Unsere Haut glich mehr Sandpapier. 

Die letzten Meter waren noch richtig Aktionsreich: Schon zwischen den Inseln wehte es ordentlich, doch jetzt in der Abdeckung waren die Unterschiede gigantisch. Abwechselnd war mal kaum Wind von vorn und dann kamen zwischen den Bergen Dominicas wieder richtig krasse Fallböen durchgezogen. Im zweiten Reff und Arbeitsfock, war das schon fast zu viel. Wir sagten die Böen, wie auf Regatta an, fielen dazu ab und öffneten die Segel. Trotzdem kränkte Andiamo stark und einmal sahen wir richtig, wie das Wasser in der Luft stand und hilflos umher gewirbelt wurde. Bei uns steht sowas entsteht ab Windstärke 11, Soviel hatten wir aber sicher nicht, trotzdem zu viel für unsere alte Fock. Die Ösen der Stagreiter begannen sich aus dem Segel zu reißen. Zwischen zwei Böen bargen wir schnell die Segel. 

Jedenfalls kamen wir an und wurden von einem „Mooringboy“ empfangen. Der stellte sich erstmal ganz nett vor und behauptete dann man könne hier nicht Ankern, also sollten wir eine seiner Moorings nehmen oder noch zwei Stunden weiter fahren, bis in die nächste Bucht. Als wir nicht sofort darauf ansprangen verschwand er leicht gereizt und meinte er würde uns später abkassieren, wenn wir nicht noch bis in die Nacht segeln wollten..  Das war nicht besonders nett, aber wenn wir eins gelernt haben auf dieser Reise, dann ist es Ruhe zu bewahren. Wir schauten zur Sonne. Sie würde bald unter gehen und vor allem wollten wir ja auch hier bleiben. Wir schauten uns um. Jedes Schiff lag an einer Mooring. Unter anderen auch die Schwedischen Jungs und ein Katamaran, den wir auf den Kap Verden getroffen hatten. Mit der Crew schnackten wir eine Weile. Sie sagten uns, die Moorings seien in Ordnung. Ja, wie schön wäre das Leben, wenn Geld keine Rolle spielen würde. Auch wenn das „nur“ 10€ die Nacht sind, würden wir dafür lieber ein kaltes Bier mit Wlan genießen. Außerdem mögen wir es garnicht an Moorings zu liegen. 

Dann erinnerte ich mich daran, dass ich ein bisschen weiter südlich noch ein paar Schiffe liegen sehen habe. Wir verholten uns dorthin und tatsächlich ankerten dort zwei Yachten. Doch zugegebener Maßen waren die Bedingungen alles andere als vertrauenserregend. Wir schlängelten uns zwischen ein paar Anglerbojen durch und mussten nah an die Küste fahren, weil der Grund sich steil absenkte. Kurz bevor wir aufgelaufen wären ließ ich den Anker runter und wir gaben die gesamte Kette(45m) aus. Beim eindampfen stellten wir erleichtert fest, das der Anker hält. Unser 16Kg Pflugscharanker(Cobra2) mit 8mm Kette hat uns noch nie im Stich gelassen. Wir beäugten die Situation noch eins, zwei Anleger(Bier) lang. Auch wenn der Wind immer mal wieder drehte. Wir lagen hier gut und vor allem gratis. 

Wir spülten uns die dicke Salzschicht von der Haut. Überall auf dem Grund lag Müll. Auch an Land sah es wenig einladend aus. Das „Anchorage Hotel“, Was in unserm Segelguide von 2018 noch drin steht ist zerstört und verlassen. Auch vom Steg nahe unserer Schiffes standen nur noch ein paar Betonblöcke. Die erste Reihe Häuser war auch teilweise zerstört. Zwischen Trümmern standen immer wieder ein paar provisorische Blechhütten. Hurrikan Maria war erbarmungslos gewesen. 2017 wurden 95% der Häuser zerstört und die gesamte Insel entkabelt. Man sieht noch, wie sehr die Insel gelitten hat, aber es ist bewundernswert, wie schnell die knapp 90.000 Einwohner wieder auf die Beine gekommen sind und wieviel sie wieder aufbauen konnten. 

Genug der Fakten, denn jetzt ging der eigentliche Spaß los. Während wir gemütlich kochten und zu Abend aßen erzitterte Andiamo immer wieder. Direkt vor unserem Bug an Land waren in der Zwischenzeit eine überdimensionale Musikanlage aufgestellt worden, mit Bühne, Lichtern und allem drum und dran. Dann war Soundcheck, oder eher „Check ob es laut genug ist“ . Andiamo vibrierte zustimmend. Doch was für eine Party soll denn mitten in der Woche stattfinden. Ich fuhr mit dem Dinghi rüber an den Steinstrand. -Gut, dass wir so ein günstiges, altes, aber robustes Schlauchboot haben, dass kann man auch mal über die Steine ziehen kann, einen Heckanker haben wir nämlich immer noch nicht.. Durch ein ehemaliges Haus schlängelte ich mich auf die Straße, wo reger Trubel herrschte. Es wurde gegrillt, Drinks verkauft und vorgeglüht. Zum Partygelände stand sogar schon eine Schlange an. Ich fragte einen alleinstehenden Typen, was denn hier so abgeht. „Reaggie Festival“ bekam ich heraus, aber hauptsächlich, wollte er mir Gras andrehen und ich hätte mal lieber noch ein paar andere befragen sollen.. Ich verzog mich zurück an Bord. Was für ein Zufall auch wieder, dass wir exakt vor so einem Event ankern. Schlafen war bei der Lautstärke keine Option, also stellten wir uns noch ein paar Bier rein und fuhren rüber um Party zu machen.



Wir waren also rein gekommen und waren dann wieder leicht verwirrt. Es standen überall Paare. Schaukelten sich in den Armen und starten zur Bühne, wo jemand sang und Stimmung für den „Mainakt“ machte. Langsam dämmerte mir etwas: „Tonight is all about love“ Wir waren auf einem Valentinstagskonzert! Erstmal zur Bar steuern. Wie üblich, hat auch Dominica sein eigenes Bier: (Kubuli). Da trafen wir auch die schwedischen Jungs wieder, die aber relativ schnell wieder gegangen sind. Zugegeben war es auch nicht so richtig unsere Musik, was auch immer das war. Und dann kam der „große“ Hauptauftritt: Chris Marten, ein kleiner Kerl mit Kinderstimme, der sich schnell das Shirt auszog, woraufhin der ganze Laden förmlich explodierte. Es wurde gekreischt ohne Ende. Für uns war die Musik nichts, man konnte nichtmal dazu tanzen. Naja also die Locals, die als Paar da waren machten sowas ähnliches. Also meistens stand der Mann  einfach nur da, die Partnerin im Arm und schaute durch die Menge. Die Freundin stand sehr nah vor ihm auch mit Blick Richtung Bühne und bewegte sich ein bisschen zur Musik. Klingt komisch, war aber genauso und sie schienen die Musik sehr zu feiern, und das über mehrere Stunden bis Chris Marten einen Abgang machte. Sofort verließen alle Paare das Gelände und zurück blieben nur noch wenige und wir. Endlich gab es ein DJ der ordentlich auflegte und wir steppten noch eine Weile durch die Gegend. Die beste halbe Stunde des Abends. Dann war der ganze Spaß vorbei und wir gingen in die Koje. 

Der nächste Tag im Paradis begann demnach ziemlich träge. Wir gingen einklarieren, wo wir den Mooringboy vom vorherigen Tag wieder trafen, dieses Mal half er sehr freundlich Yachties beim einklarieren, aber uns Schnauze er an, wir sollen unser Dinghi woanders hinbringen. Der konnte uns echt nicht mehr ausstehen. Naja der Papierkram war hier besonders unproblematisch und günstig, sodass wir noch Zeit hatten durch die Hauptstadt zu stöbern und mit dem Bus zur Champagne Bay zu fahren. Die Bucht ist erstmal ziemlich verlassen und nicht weiter besonders, aber ganz am Ende gingen wir Schnorcheln. Und diese Bay hat ihren Namen verdient. Überall sprudelt es heraus. Kleine Bläschen steigen mal stoßweise, mal kontinuierlich auf. Und so ist dieses Riff mit seinen bunten Fischen was ganz besonderes, denn es ist tatsächlich so, als schwimme man in Champagner. Die Bilder wären atemberaubend gewesen, hätten wir eine Kamera mit gehabt… Allerdings haben wir einen neuen Freund gefunden: Egon unsere erste Bordpflanze.

Am nächsten Tag stand einer der Hauptattraktionen der Insel auf dem Plan. Wir wollten zum Boiling Lake Wandern. Doch dorthin fährt wohl nur früh morgens ein Bus, den wir natürlich verpasst hatten. Also überredeten wir einen Busfahrer oder mehr er uns, uns für ein bisschen mehr Geld dorthin zubringen. Auf dem Weg sammelten wir noch eine Art Guide ein, der dort in der Nähe die Touristen beim Baden beaufsichtigt. Auch er stellte fest, wir seien zu spät. Am Beginn der Wanderung stand ein Schild: „Hin und Zurück jeweils drei Stunden. Nach 10 Uhr nicht mehr starten!“ Es war 11:30. Wir liefen los. Und wir liefen schnell. Der Schweiß lief uns in Strömen runter und wir machten nur wenige Pausen um ein paar Fotos zu schießen. Der Weg wurde steiler. Wir schnauften uns hohe Stufen hoch, immer noch in hohem Tempo. Das ganze in dem typischem Schwefelgeruch von geotermalischen Aktivitäten. Schließlich waren wir auf dem Gipfel und konnten den Boiling Lake schon sehen. Der Dampf stieg weit in den Himmel. Wir machten ein  paar Bilder und stürmten weiter, wir wollten näher ran. Nun begann eine Kletterpartie. Einen kleinen Weg, manchmal eher Bach ging es runter. Die Gesteine hatten immer auffälligere Farben: Orange, Rot, Lila, Grün, Blau und es stank immer mehr.

Wir erreichten eine dampfende Ebene. Hier war schonmal ein kochender Fluss. Es stach in der Nase und zischte. Conrad stellte sich für ein Bild extra nah ran und wurde kurz Dampfgegart. Das „Wasser“ blubberte und hatte eine ungesunde graue Farbe. Den Bach entlang schlängelte sich ein kaum sichtbarer Weg. Mehrmals mussten wir umkehren und den Weg wiederfinden. So ging es an dem heißen Bach entlang immer weiter. Es war schlammig, feucht und halt war selten. Manchmal hatte man nur ein Seil, dem man dann wohl oder übel vertrauen musste. Man muss schon sagen, der Weg war anspruchsvoll, aber man wurde belohnt. Ich zum Beispiel rutschte einmal ab und landete natürlich prompt im Fluss. Erst dachte ich, ich werde jetzt gekocht, aber das Wasser war klarer und hatte sich auf eine angenehme Wärme abgekühlt. Ein schönes, aber ungewolltes Bad. Wir kletterten weiter und erreichten schlussendlich den Boiling Lake. Das ist tatsächlich ein kleiner, aber stark blubbernder See. Von dem es schwer ist, Bilder zu machen, da das ganze natürlich ordentlich dampft. 

Wir setzten uns an eine Klippe, wo es circa zwanzig Meter tief in den See ging und machten Mittagspause. Sandwisches und Grapefruits wurden unser kleines Mittag. Doch nach einer Weile wurde es tatsächlich recht kühl und wir machten uns auf den Rückweg. Wir wussten jetzt ja, wie schnell man den Weg bewältigen kann und ließen uns mehr Zeit. Gegen 16 Uhr waren wieder am Startpunkt: Keine 5 Stunden und das mit Pausen hatten wir gebraucht. Der Guide vom Morgen war sichtlich beeindruckt und zeigte uns einen Daumen nach oben. Nur war der letzte offizielle Bus schon weg. Aber er würde von seinem Kumpel abgeholt werden meinte er. Also liefen wir mit ihm ins nächste Dorf, wobei wir seine Schwimmhilfen tragen durften. Dort meinte er, er würde nur kurz duschen und dann käme sein Freund mit einem Bus und nehme uns mit, denn alle Busse wollen in den Süden in ein Dorf wo Prekarnival sei. Endlich Karneval? Bisher waren wir noch nie an einem Ort wo auch wirklich gerade Karneval war. Was für ein Glück. Wir wurden an unserem Schlauchboot abgesetzt und machten uns an Bord nur kurz frisch und saßen im nächsten Bus um den Karneval zu erleben. 

Erstmal dort, wollten wir eigentlich erstmal was essen, doch das geriet schnell in Vergessenheit. Denn der Umzug ging los. Es gab nur etwa eine Straße in dem Ort. Diese zog eine Menschenmenge entlang. Kern waren ein paar Musiker mit verschieden Instrumenten, wie zwei Meter lange Trompeten, Flaschen auf den mit Macheten im Takt geklopft wurde und eine Fliegerangriffsirene zum Kurbeln. Das ganze ergab mit ein paar Tromeln und Pfeifen aus Muscheln dann richtige Musik in dessen Tackt die Menge durch die Straße zog. Wir waren natürlich mittendrin, die einzigen Touris überhaupt. Wir passten uns an die Gangart an. Also zum Rhythmus tippelschritte im Takt machen und mit dem Arsch dazu wackeln. Das hat richtig gut gepasst. In dem Gang steppten wir gelegentlich in eine Bar am Straßenrand um Bier zu kaufen und ordneten uns wieder ein. So ging es stundenlang die Straße hoch und runter. Das absolute Highlight unserer Karibikreise. Das ganze war so unverfälscht, echt und alle waren freundlich. Später löste sich die Menge und an verschieden Stellen wurde Musik gespielt. Wir schnackten mit einigen Leuten unter anderem auch mit dem Musiker mit der Flasche und der Machete. Wir durften mal in seinen etwa Ikea-Beutel großen Sack schauen. Der war über und über voll mit Gras. In Deutschland wäre das wahrscheinlich ein krimineller Großdealer, hier war das ein gefeierter Rastafari, mit viel zu viel Weed, was er übrigens praktisch verschenkte. Wir schnackten noch mit einigen anderen Leuten, als wir auf unser Fried Chicken warteten und wollen schließlich los. Doch wir waren am hinterallerletztem Ende der Insel und Busse fuhren schon lange nicht mehr. Wir fuhren bei ein paar Locals mit zurück, mussten aber trotzdem ordentlich dafür blechen. Egal, das war es wirklich wert! 

Wie üblich haben wir uns dann noch in die nördlichste Bucht der Insel verholt. Dort war tatsächlich schon wieder Stimmung, die gleiche Musik. Uns wurde „All you can eat & Drink BBQ“ angeboten. Das juckt einem ja schon in den Fingern, aber im Endeffekt waren wir glücklich abgelehnt zu haben. Denn an Land fanden wir dort dann tatsächlich 40 Yachties in dem Restaurant. Wir gesellten uns lieber wieder zu den Locals und saßen später an einem Lagerfeuer am Strand. Wie schön. 


Dann stand mal wieder Bootsarbeit auf dem Plan. Mit einer dritten Arbeitskraft an Bord macht das noch viel mehr Spaß. Conrad nähte eine Verstärkung in unser Binimi, wir reparierten den Windfang und machten noch ein paar Kleinigkeiten. Ich kam zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder zum Bloggen, nur nicht an Internet um ihn hochzuladen.. Schließlich schrubbten wir mal wieder das Unterwasserschiff und gingen früh schlafen. Denn für den nächsten morgen hatten wir uns gleich früh mit einem von dem Nationalparkguides verabredet um den Indian River hoch zu fahren. Das klappte auch sehr gut. Kaum waren wir wach kam er auch schon und wir fuhren in den Fluss. Wo er den Motor ausschaltete und anfing zu rudern. Dann das war ein Nationalpark. Der so früh am Morgen noch leer war. Als erste Tour des Tages ließen wir uns flussauf rudern und die verschieden Pflanzen, Tiere und Geschichten erzählen, die wir sahen oder auch nicht sehen konnten. Das war sehr idyllisch bis auf einmal Ende war, an einem Steg mitten im Urwald. Netterweise sahen sie dort ein, dass es ein bisschen früh für ein Drink war, dafür zeigte man uns ein paar Blumen von Land aus und es ging wieder zurück. Schließlich brach auch noch eins seiner  Ruder, woraufhin er wütend den Außenborder anriss und die Nationalparkidylle ein Ende hatte. Noch lächelnd über diesen Wandel gingen wir Anker auf und nahmen Kurs auf Guadeloupe. ¡Andiamo

























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