Gastbeitrag von Conrad: Andiamo - Hort der Geselligkeit


Nun ist es an mir, auch ein paar Zeilen über meine gut zwei Wochen auf der Andiamo mit Lennart und Vale zwischen Karibik, Atlantik, Martinique, Dominica, Guadeloupe und Antigua zu schreiben. Es war eine Zeit voller Entspannung und Gelassenheit, vieler Eindrücke, jeder Menge Sonne, Wasser, Salz und wenig (eigentlich keiner) Seife.
Da Vale bereits sehr bildreich und überaus treffend unsere zahlreichen Erlebnisse geschildert hat, möchte ich näher vom alltäglichen Leben an Bord berichten. 


Für die beiden war es nun auch eine kleine Umstellung mit einem dritten Crewmitglied am BordWeniger aufgrund des geringeren Platzes, sondern vielmehr, weil sie Anteil nahmen an meinem kurzen Urlaub. Zwei Wochen Urlaub nimmt man natürlich anders wahr, als zwei Wochen während einer beinahe einjährigen Atlantikrunde. Während meines Besuchs wurde überdurchschnittlich viel gegessen, getrunken, besichtigt, eingekauft, gefahren (Auto, Taxi) gefeiert und sich gegönnt. Das sorgte für eine tolle gemeinsame Zeit, schlug sich natürlich aber auch auf das Crewkonto nieder. 
Beachtenswert fand ich auch, wie herzlich ich aufgenommen und gleichberechtigter Teil des Abenteuers der Jungs wurdeMerci beaucoup!


„Gelassenheit“ beschreibt wohl die Reise der beiden und damit auch meinen Urlaub am treffendsten. Der erste Tag nach meiner Ankunft in Le Marin (Martinique) wurde entspannt angegangen. An einem Sonntag war auf der Insel ohnehin nicht viel möglich und so lebten wir einfach in den Tag hinein. Eine Ausfahrt zum Schnorcheln und ein Ölwechsel am Motor und schon waren die „To-Dos“ des Tages abgehakt. Genug Zeit also, um das angenehme Wetter und einfach das Dasein zu genießen und zu entspannen. Urlaubshektik und Stress wie man ihn sonst oft von Kurzurlauben kennt („Bloß alles sehen“) konnte gar nicht aufkommen. 


Morgens schliefen wir in der Regel aus und starteten entspannt in den Tag mit einem morgendlichen Bad im 26°C warmen Wasser. Das anschließende Frühstück im Cockpit von Andiamo bestand an den französischen Antillen aus Baguette und Aufstrich, ansonsten aus Müsli, Früchten und Milch. Dazu gab es Kaffee (Warum schmeckt der Kaffee im Urlaub eigentlich immer doppelt so lecker?). 
Anschließend starteten wir in den Tag entweder mit Erkundungs- und Wandertouren auf den Inseln oder mit der Fortsetzung der Segeltour Richtung Norden.


Letztlich brachte jeder Tag tolle Erlebnisse und Eindrücke mit sich. Zu den drei Highlights des Urlaubs zählen aber sicherlich die Wanderung zum Boiling Lake und die Karnevalsparty in Grand Bay, von denen Vale ja bereits sehr bildhaft im Dominica-Blog berichtet hat. Dominica sei an dieser Stelle nochmals als sehr lohnenswertes Reiseziel erwähnt. 


Und schließlich gehörte das Segeln im Passat für mich noch dazu. Obwohl ich segelnd schon auf dem Atlantik unterwegs war, bin ich doch über die Dimensionen an Wind und Welle überrascht gewesen. Wer selbst segelt weiß, wie schwer es oftmals ist, die Verhältnisse an Wind und Welle mit Worten oder Fotos zu beschreiben. Zwischen den hoch aufragenden kleinen Antillen, die sich in nord-südlicher Richtung erstrecken, wird der nordöstliche bis östliche Passat beschleunigt. 22 kn Wind (5 Bft) wurden in der Regel im Mittel vorhergesagt. Die tatsächlichen Bedingungen lagen eigentlich immer eine Windstärke darüber. In Inselnähe erwartete uns durch das ansteigende untermeerische Profil und die drehenden Winde ein chaotisches Wellenbild, das Andimao ganz schön durchschaukelte. Weiter draußen wurden die Wellen gleichmäßiger. Mit Arbeitsfock und zweitem bis dritten Reff glitten wir unserem Ziel entgegen und freuten uns über die tollen Bedingungen. Wir blödelten herum, genossen unseren Mittagssnack oder etwas zu Naschen aus dem Notfallschapp und philosophierten, wie großartig man diese Welle mit einer Melges abreiten könnte. Freude kam auf, wenn einer von uns dreien von der Gischt erwischt wurde. Ab und zu schoss ein Schwarm fliegender Fische über die Wasseroberfläche. Größere Meeressäuger blieben leider aus.


Andiamo machte in den Bedingungen eine sehr gute Figur und allen Daheimgebliebenen sei versichert, dass Lennart und Vale für ihre Reise einen sehr sicheren und zuverlässigen Untersatz gewählt haben. 


Am Zielort angekommen, ging es ans Ankern - der gefühlten Lieblingsbeschäftigung der beiden. Sie sind darin aber über die Zeit wahre Profis geworden, sodass wir immer einen sicheren Ankerplatz, häufig in besonders ruhiger Lage in unmittelbarer Ufernähe fanden. 
Was beschäftigt einen auf einer Segeltour neben dem Segeln eigentlich am meisten? Richtig, das Essen. Und so verbrachten wir nicht wenig Zeit damit zu überlegen, was es zum Abendbrot gibt. Smut Vale war nach mehreren Monaten auf See unter den doch beschränkenden Voraussetzungen nach eigener Aussage schon recht inspirationslos. Ich allerdings genoss seine Kochkünste (Lennart sowieso), konnte mich mit der ein oder anderen Idee aber auch noch einbringen. Zu den Gerichten gehören klassisch Nudeln mit Bolognesesauce (aus Corned Beef - geht tatsächlich klar), Wraps mit Käse, einer Eigenkreation von Humus, Linsen, veschiedenen Saucen, Reis mit Gemüsesauce, Nudelsalat, Panneköken (Lennarts Spezialgericht) und Burger. Das leckerste Abendessen war alllerdings die frische Dorade (leider nicht selbstgefangen) mit Weißweinsauce, Kartoffeln und Möhrengemüse. Jamjam


Anschließend setzten wir uns mit ein paar Bier ins Cockpit und gingen wahlweise noch aus. Häufig waren wir aber auch schon früh müde und zogen uns in unsere Kojen zurück, wo gelesen, Serien guckt oder gemeinsam der neuste Podcast der Segeljungs gehört, was noch für den ein oder anderen Lacher sorgte. Wie viel schöner ist es eigentlich, vor Anker liegend in den Schlaf geschaukelt zu werden, als im Hafen festgemacht zu haben?


Zum Bordalltag puncto waschen und Hygiene. Wie wäscht man sich eigentlich, wenn man keine Dusche an Bord hat und auch keinen Hafen anläuft? Antwort: Gar nicht. 
Zu Beginn hatte ich noch das dringende Bedürfnis mir mit Süßwasser und Seife das Salzwasser abzuduschen. Dafür ließ sich auf Andiamo sogar eine kleine Campingdusche finden, bestehend aus einem schwarzen Beutel und einem kleinen Schlauch mit einer Brause. Nach zwei Tagen war mir das Prozedere aber zu lästig und das Bordleben hatte mich schon zu sehr eingenommen, sodass ein abendliches Bad im Meer genügte. Der Wäscheverbrauch war ebenfalls sehr gering, da man sich an Bord nur in Unterhose bewegte. Abends kam vielleicht noch ein T-Shirt dazu und wenn wir auf die Inseln fuhren noch eine kurze Hose. Zum Baden hatten wir unsere „Badeboxer“, die an der warmen, trockenen Luft schnell trockneten. Man kann nicht sagen, dass diese Lebensweise irgendwie unhygienisch wäre oder wir gestunken hätten. Das regelmäßige Baden und das günstige Klima (warm, aber nicht heiß und ein beständiger Wind) sorgten für eine anhaltende Frische. Für den Körper und die Haut waren zweieinhalb Wochen ohne Seife und Parfüm vielleicht auch mal ein wohltunender Urlaub. 


Zurück in Deutschland blieben von der Zeit in der Karibik mit Lennart, Vale und Andiamo ganz viel Gelassenheit sowie Erholung übrig. Und als ich mich nach 13 Stunden Flug und achtstündiger Bahnfahrt das erste Mal wieder in der Waagerechten befand, stellte sich ein wohltuendes und wohlbekanntes Schaukeln ein. 

Andiamo

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