Montserrat: Ein Tag Weltuntergang


Umbedingt wollte ich nach Montserrat, denn etwa zwei Drittel der Insel ist als Gefahrenzone gesperrt. Schon von weitem sah man den Vulcan fleißig rauchen. Was für ein Abenteuer. Und vor allem war es ein Vorwindkurs von Antigua an. Also pakten wir zum erstmal seit dem Atlantik den Spibaum wieder aus um die Fock nach Luv auszubaumen. Und so genossen wir einen fünf Stunden Reach. Nach dem ganzen Amwind und Halbwind Gehampel erinnerte sich unser Körper sofort wieder an die Atlantiküberquerung. Ein leichtes Rollen im Schiff, den Wind von Achtern, die Sonne von den Segeln verdeckt, gelegentliches Surfen, kaum Spritzwasser. Wir waren in unserem Element, haben uns richtig wohl gefühlt während wir mit bis zu acht Knoten heizten. Ein toller Tag.


Doch angekommen in Montserrat wurden wir auf den Boden der Tatsachen geholt. Ankern war schonmal schwierig. Gerade das Gehöht runter gelassen, sagte man uns von einem deutschem Katamaran aus, dass dort früh morgens immer eine Fähre durch wolle. Also wieder hoch und noch einen Platz suchen. Doch da wäre noch Wracks eingezeichnet und weiter hinten war es uns zu tief. Mit Taucherbrille erkundete ich dann den Grund. Da waren keine Wracks, also los. Anker sitzt, fertig. Doch nun stellte sich raus, dass es die erste Insel war, auf der man wirklich einklarieren musste, um das Land betreten zu können. Doch das kostet am Wochenende fünf Mal so viel. Also harrten wir einen Tag am Schiff aus. Conrad hatte uns eine ZEIT da gelassen. Es hieß also Zeitung lesen und Kaffee trinken und ein bisschen Bootsarbeit. Abends trafen wir uns dann noch mit der deutschen Crew, die uns zum Essen einlud. Wie üblich verschnackten wir uns Stunden lang. Man tauscht gesellige bis haarsträubende Geschichten aus und schließlich Kontaktdaten, falls man sich zufällig mal wieder treffen könnte. Nachts kam dann noch ordentlich Wind auf, sodass ich den Windgenerator abschaltete, den Windfang abbaute und noch mehr Kram sicherte. Zum Glück müssen wir uns bei unserem Anker keine Sorgen machen. Das lässt einen sehr gut schlafen.


Am nächsten Tag standen wir schon früh auf und klarierten ein. Das war, nicht weiter problematisch und endlich konnten wir die Insel betreten. Sofort wurden wir angesprochen und man wollte uns Touren andrehen. Nur dieses Mal wollte ich genau diese Tour machen. Auf Montserrat so ziemlich das Highlight. Eine Tour durch die verlassene Stadt Plymouth. Dafür muss man ganz schön übertrieben viel blechen, weil man die Polizei um Einlass bitten muss, die ganze Zeit im Funkkontakt zum Vulcan-Observationscenter steht und einen zugelassenen Guide braucht. Doch es war schon beeindruckend. Man fährt durch eine vollkommen leerstehende Stadt, doch nicht etwa auf den alten Straßen, sondern einfach auf einer Art Feldweg. Der Sand dort, zusammen mit der Asche war unglaublich fein. Und dann sieht man die Häuser, die dort vor mehr als 20 Jahren verlassen wurden.


Doch oft sieht man nur Reste. Denn von manchmal ehemals fünf Stockwerken sind nur noch zwei bis drei zu sehen. Alles darunter wurde mit Schlamm und Asche gefüllt und bedeckt. Oben drauf liegen dann noch die riesigen Steine, die der Vulcan ausgespuckt hat. Die ganze Zeit riecht es leicht schweflig und man teilt jeden Schritt dem Observation Center mit. Gelegentlich habe ich über die Schulter in die Wolken gestarrt und erwartet, dass jeden Moment der Vulcan ausbrechen würde. Er blieb ruhig. Still war es auch in Plymouth. Nur der Wind pfiff in den Fensterlosen Häusern, wo teilweise noch Bücher aufgeschlagen liegen geblieben sind und die Teekanne noch auf dem Herd steht. Die Natur erobert sich langsam die Stadt zurück. Manche Ruinen gleichen einem Urwald, andere sind nur noch Ascheberge. Man selbst ist ganz still und lässt die ganze Szenerie nur schweigend auf sich wirken. Eindrucksvoll.


Auf dem Rückweg hielten wir kurz an der zweiten Attraktion. Nur ein kleines Rinnsal, von dem die Mythen besagen, dass wer davon trinke, der werde sicher eines Tage zurückkommen. Wir tranken, denn unsere Reise ist einfach zu kurz bemessen und wir werden nochmal auf Tour gehen „müssen“. Doch dann wird es hier wohl kaum noch so sein. Eine Marina soll gebaut werden. Manche der Häuser werden wieder aufgebaut. Die Insel wird sich Wandeln, doch wir waren vorher da. Und verließen schon am Nachmittag den Ankerplatz. 


Lennart & Valentin


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