Faial: Hort(a) des Seglers Geselligkeit


Nach 21 Tagen auf dem Atlantik machten wir in Horta an der Kai fest. Es war das erste Mal seit Cabo Verde, dass wir in einem Hafen lagen. Man hatte uns einen Platz zugewiesen und weil es noch kurz vor Saison war, lagen wir auch direkt an der Mauer und nicht im 5er Päckchen. Man wies uns darauf hin, dass die Büros geschlossen hätten, aber die Bars seien noch offen. Sehr gut. Der Spuk des Einklarierens hat ein Ende.


Nachdem wir das Leinengewirr von der helfenden Hand zu richtigen Knoten abgeändert hatten warfen wir nur noch schnell den Müll(4x35l) an Land und machten, was wir immer machen, wenn wir irgendwo ankommen. Einen Gin Tonic trinken. Kaum hatten wir das Zeug rausgeholt kam ein Dinghi längsseits: „Ihr seid doch die aus dem Video“. Jens hatte uns beim einlaufen gesehen und wohl auch auf dem Youtubekanal von SY7Seas. Von unser „Berühmtheit“ kein bisschen peinlich berührt gaben wir ihm und seinem Kumpel Lorenzo ein kühles „Carib“(Bier).


Wir schnackten und schnackten und verstanden uns auf Anhieb gut. Lennart und ich wollten unbedingt unsere Zähne in ein Steak schlagen, und die beiden waren auch gerade auf dem Weg in die Stadt. Man zeigte uns ein paar Bars. Auch das Peter Café Sport, die unter Seglern berühmte Kneipe. Eigentlich wollten wir da nur kurz warten, aber der Peters Gin schmeckte einfach zu gut und nach der 3. Runde stellten wir fest, dass nun überall Küchenschluss sein. Wir bekamen noch ein kleines Sandwich und noch mehr Gin Tonic.


Verpasst hatte wir auch das Jazz Konzert, aber dafür brachte eine Liveband Oldies im Segelclub. Irgendwann konnten wir uns kaum noch auf den Beinen halten. Wir waren ja eh ein wenig wacklig unterwegs und verkrochen uns in die Koje. Was für eine Ankunft!


Auch die nächsten Tage wurden bestens, auch wenn ich erst nicht aufstehen wollte. Viel zu kalt war es um aus der Decke zu kommen, allerdings nur im Boot. Kaum aufgestanden kam einer nach dem anderen zum schnacken. Wir lernten unserer Liegeplatznachbarn kennen und noch mehr gestrandete Segler, die entweder unsere klassischen Linien mochten, unseren Blog kannten, aus der Nähe von Stralsund kamen oder es einfach toll fanden, was wir so machen.


Irgendwann „rettete“ uns der Hafenmeister und wir erledigen die Formalitäten. Der Hafen war ausgesprochen günstig, doch wir wollten nur ein paar Tage bleiben, bis wir den neuen Petroleumschlauch hätten. Wegen der kurzen Dauer und weil es noch Vorsaison war teilte man uns tatsächlich einen richtigen Liegeplatz zu. Mit Schwimmsteg, Jens, Lorenzo und sogar Frühstück inklusive. Richtig, wie der Zufall es so will, hatte man uns genau neben sie gelegt und als sie merkten, dass wir um  inzwischen 12 Uhr immer noch nicht gefrühstückt hatten luden sie uns prompt ein.


Bei einem Milchkaffe besprachen wir dann nun diesen Abend essen zu gehen. Die beiden waren wieder dabei und wir verabredeten uns zum Sundowner bei Porto Pim! Den Tag über gingen wir duschen. Ein großer Luxus, denn die letzte Woche auf See war es schon sehr kalt gewesen sich mit der Putz im Cockpit zu waschen. Wir erkundeten auch den Supermarkt, der uns sofort gefiel und stöberten durch die Straßen. Anschließend trockneten und verpackten wir alle unsere fünf Vorsegel, die wir auf der Überquerung genutzt hatten. Dabei nähten wir auch gleich noch ein bisschen nach und wurden wieder ordentlich beschnackt. Manchen mag es nicht gefallen wenn andere einem beim arbeiten zugucken, aber wenn man eh gerade eine Stunde auf dem Steg sitzt und näht ist es ganz nett sich nebenbei zu unterhalten, vor allem wenn es mal nicht Lennart ist.  Dann ging auch schon die Sonne langem unter und wir liefen in Hortas Süden. Das war dort auch sehr schön, nur war bei den Locals Fußball angesagt, also ordentlich krach. Das Restaurant hatte ein mehrmaliger Weltumsegler aufgemacht und mit Kram aus aller Welt geschmückt. Dazu gab es gegrillten Oktopus. Kein Steak, aber sehr lecker. Und dann passt man mal kurz nicht auf und schon war die Rechnung beglichen. Wir bedankten uns auf dem Heimweg mit ein paar Runden Gin Tonics bei Peter, wo auch sonnst.


Den nächsten Tag waren wir mit einem der Stegbesucher verabredet. Er war allein unterweg und hatte sich ein Auto gemietet. Zusammen fuhren wir einmal um die Insel. Immer wieder machten wir kleine Stops. Mal an einem kleinem Fischereihafen, wo der Kran für den Walfang noch stand. Mal an einer steilen Klippe. Wir besuchten auch das Westende der Insel, das durch einen Vulkanausbruch neu geformt wurde und schon für Unmengen an Touristen ausgelegt, aber wie leergefegt war.


Wir stärkten uns in einem kleinem Café, wo der Kaffee 65 Pfennig und das Sandwich 85 kostete. Das Preisniveau auf den Azoren ist wirklich göttlich, EU-subventioniert halt. Anschließend kurvten wir eine alte lange Straße den zentralen Vulcan hoch. Nach einer Weile fuhren wir in den Wolken, aber da eh kaum Touristen unterwegs waren musste man hauptsächlich auf wilde Pferde und Kühe, die sehr leckeren Käse machten aufpassen. Wie zu erwarten war, sah man oben nichts als die Wolken in denn man stand. Glücklicherweise hingen die Wolken da fest, sodass die Leeseite der Insel richtig sonnig und warm war. Es gab sogar Naturpools, also so ausgewaschenen Lavabecken, in denen man das 16 Grad kalte Atlantikwasser auch nicht genießen konnte.


Zum Abend hin genossen wir den Blick auf Horta von Oben und gingen endlich unser Steak essen. Der Segler mit dem wir den Tag verbracht hatten kam gleich mit und wir teilten uns zwei große Primeribs zu dritt. Wir orderten Medium, wobei ich die Bedienung nach dem Motto ansah: „Medium heißt überall rosa, wehe das wird zu durch.“ Daraufhin kamen die dicken Stücken Fleisch Medium-rare an den Tisch, was mich ungemein freute. Was für ein Steak. Wieder war bezahlt bevor wir „Rechnung“ sagen konnten. Die Geselligkeit der Menschen hier ist unbeschreiblich.


Nach dem Urlaubstag kam nun ein Arbeitstag. Da, das Paket noch nicht da war und der Start auf Grund des Wetters unbedingt in den nächsten zwei Tagen stattfinden sollte ging Lennart auf Schlauchsuche. Fast, wie in der Karibik, wurde er von Ort zu Ort, von einem Geschäft zum nächsten geschickt. Ohne Erfolg. Immerhin bekamen wir günstig ein paar Farben. Wofür? Für Segler ist es in Horta brauch, sich auf den Hafenmauern zu verewigen. Jeder Centimeter ist bemalt und das sogar erstaunlich künstlerisch. Da ist es schon verdammt schwer einen guten Platz zu finden. Wir entschieden uns für eine Schräge, wo von dem vorherigen Bild nur noch nicht identifizierbare Farbreste übergeblieben waren. Wir grundierten das mit einer dicken Schicht blauer Farbe. Der Anfang war getan. Auch wuschen wir all unsere salzigen Klamotten und räumten so weit es ging auf. Abends luden wir uns bei unserem Liegeplatznachbarn zum Essen kochen ein, weil wir die Petroleumleitung inzwischen demontiert hatten.


Jetzt war es schon Dienstag und wir mussten eigentlich los. Also riefen wir nochmal bei unserer Segler-Auto-Connection an um den weiter entfernten Baumarkt zu plündern. Doch dann erhielten wir die Mitteilung, dass das Paket auf der Insel sei, aber nicht zugestellt werden könnte. Daraufhin begann eine lange Jagd nach dem zuständigen Zusteller, der uns dann tatsächlich das Paket aushändigen konnte. Wir hatten endlich einen neuen Schlauch für unseren Kocher. Das Ersatzteil extra für den Kocher, was natürlich nicht passte. Es war zu viel Gewinde und wir bekamen ihn nicht soweit festgezogen. Frustriert, aber noch voller Ideen unterbrachen wir kurz um Frühstücke zu gehen, wobei wir in dem örtlichen „Ich repariere dein Boot“-Truck von Harry ein paar Millimeter der Mutter abschleifen konnten. Nachdem Lennart sich eine Weile mit dem nur sehr eingeschränkt erreichbaren Petroleumtank rumärgerte konnten wir tatsächlich wieder kochen.


Der wichtigste Punkt war endlich getan. Doch das Bild musste noch gemalt werden. Schnell pinselte ich unsere Andiamo, unser Vorhaben und unserer Namen auf die Wand, damit auch uns das Glück hold sei.  Jetzt gingen wir auf die Jagd nach Frischem, doch der Markt war eher Lütt und so endeten wir doch im Supermarkt, wo wir alles fanden außer Bananen. Wieso gibt es keine Bananen in einem Segelhotspot?? Naja vollbepackt enterten wir auf dem Rückweg ein letztes Mal das Peter Café Sport. Dort genossen wir das Internet und verzogen di Gesichter bei viel zu saurem Radler. Wir luden ein paar Filme runter, verabschiedeten uns von ein letztes Mal von den Leute zu Hause und aßen noch einen ordentlichen Happen. In unserer Eile hätten wir fast vergessen auszuklarieren und genauso überstürzt verließen wir um 19 Uhr den Hafen.


Wir hatten tatsächlich noch alles geschafft, was getan werden musste und nun lagen noch mal rund 2000 Meilen bis Cuxhaven vor uns. Da fiel einem auf, dass wir den Atlantik vorher ja tatsächlich nur „halb“ überquert hatten. Doch wir freuten uns ungemein wieder aufs Wasser zu kommen, in unserem Element zu sein und die letzten Tage das Bordleben zu genießen. Der Wind war gut, und wir segelten los. ¡Andiamo!




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